Wer stets glaubt, bloß "auf hohem Niveau zu jammern", verliert irgendwann das Gefühl, Unterstützung zu verdienen.

Die Formulierung „auf hohem Niveau jammern“ ist mittlerweile im alltäglichen Sprachgebrauch angekommen. Und zwar – wie ich beobachte – vor allem bei jenen, die ganz und gar nicht auf hohem Niveau jammern. Oder anders ausgedrückt: Gerade jene, die besonders viel zu tragen haben, relativieren mit diesen Worten ihr Leid. Gleichzeitig gelingt es vielen davon trotz allem, Dankbarkeit für die guten Seiten des Lebens zu empfinden. Doch was bleibt, ist die Frage, ob das selbstauferlegte Verbot des Jammerns zielführend ist? Ja, dem Wort „Jammern“ haftet viel Negatives an, doch stelle ich Folgendes klar:

 

1) Ein Jammern darf sein.

2) Nicht nur positive Reaktionen sind die Antwort auf das Leben.

3) Das Verbieten des Jammerns setzt unter Druck, indem wir meinen, alles (allein) schaffen zu müssen.

4) Leid zu relativieren hilft; ihm mit zwanghaft positivem Denken zu begegnen schadet.

5) Mit dem Jammern machen sich Menschen verwundbar. Nicht jede/r verdient den Blick hinter die Fassade.

6) Konstruktives Beklagen beruhigt den Geist, entspannt den Körper und streichelt die Seele.

7) Das Jammern ist zeitlich zu begrenzen, um in den Genuss der Vorteile zu kommen.

In meinem Buch „UNSICHERHEITEN – Dem Ungewissen begegnen und daran wachsen“ beschäftige ich mich ausführlich mit dem Jammern. Und zwar mit einer konstruktiven Form davon. Sobald wir uns erlauben, uns beklagen zu dürfen, wenn Dinge schiefgehen oder Hoffnungen zerschlagen werden, weicht der innere Druck. Und wir kommen bestenfalls zur Erkenntnis: Resilienz bedeutet nicht, über den Dingen zu stehen oder keine Wunden davonzutragen, sondern sich liebevoll um die Wunden zu kümmern und dann den nächsten Schritt zu setzen.

 

Herzlichst Tamara Nauschnegg

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